Wie schreiben hilft, Deine Seele zu entlasten

Seit ich schreiben gelernt habe, schreibe ich, was das Zeug hält. Angefangen bei kleinen Geschichten, über Bücher im Fantasy Genre bis hin zum Tagebuch, Blogartikel und Briefen.

Warum greife ich von Kindesbeinen an immer wieder zum Stift und lasse meine Gedanken aufs Papier fliessen?

Als Mädchen hätte ich darauf keine klare Antwort geben können. Doch schon damals spürte ich die erlösende Wirkung, auf diese Weise all die unschönen Gedanken aus dem Kopf herauszuholen und damit aus meinem Körper.

Mittlerweile ist der entlastende und heilsame Effekt des Schreibens wissenschaftlich nachgewiesen worden. Alles, was wir erleben, wird in unseren Zellen abgespeichert. Wenn wir unfähig sind, belastende oder gar traumatische Ereignisse richtig zu verarbeiten, kann sich dies über Krankheiten auf der Körperebene manifestieren. In unserer Gesellschaft wird meines Erachtens immer noch zu stark der Zusammenhang zwischen Körperreaktionen und intensiven Ereignissen ignoriert. Ein unter Schock stehendes Unfallopfer wird beispielsweise sofort mittels Medikamenten ruhig gestellt, so dass sich das Erlebte tief auf Zellebene festsetzen kann. Tiere hingegen, die etwas Schlimmes durchgemacht haben, schütteln sich anschliessend kräftig durch, um die (körperlichen) Konsequenzen möglichst gering zu halten. Uns Menschen bleibt das meist verwehrt.

Doch glücklicherweise haben wir noch mehr Möglichkeiten, all die Belastungen in uns abzubauen. Wie über das Schreiben zum Beispiel.

Im Folgenden stelle ich ein paar Schreibtechniken vor, die uns unterstützen können, schwere (Schicksals)Ereignisse zu verarbeiten und so körperliche Reaktionen möglichst gering zu halten oder erst gar nicht aufkommen zu lassen. Hier können wir auch von einer psychsomatischen Hygiene sprechen. Die vorgestellten Techniken sind nicht in Stein gemeisselt. Fühlt Euch frei, sie entsprechend Euren Bedürfnissen umzuwandeln.

Tagebuch schreiben: Die wohl gängigste und bekannteste Schreibtechnik. Meist schreiben wir uns hier in der Ich-Person alles von der Seele, was gerade in unserem Leben passiert. Das schliesst natürlich auch die schönen Ereignisse mit ein. Wir geben die Erlebnisse gemäss unserer Wahrnehmung wieder; bewerten sie und manchmal verurteilen wir sie auch. Alles ist erlaubt und in Ordnung. Hier sind wir sehr dicht am Geschehen dran. Manchmal kann das zu intensiv werden, so dass wir mit einer anderen Schreibtechnik besser zurechtkommen.

Kurzgeschichten verfassen: Eine kreative Technik, um intensive Erlebnisse aus sicherer Distanz zu verarbeiten; insbesondere, wenn wir sie in der 3. Person verfassen. Ich nutzte Kurzgeschichten öfters während meiner Schulzeit, um ärgerliche Situationen mit Lehrern oder Mitschülern niederzuschreiben. Jeder bekam einen anderen Namen, auch ich selbst. Und ich änderte den Verlauf zu meinem Wohlwollen um. Das heisst, ich hielt mich nicht an die tatsächlichen Ereignisse, sondern schrieb es so, wie ich es mir gewünscht hätte. Das löste ein befriedigendes Gefühl in mir aus.

Schreiben als konkrete Arznei nutzen: Manchmal geht es aber vor allem darum, all das Belastende rauszuschreiben. Das mag Mut und Energie erfordern. Anschliessend werden wir aber mit einer heilsamen Wirkung belohnt – ganz ohne Nebenwirkungen. Dafür schreiben wir alles runter, was uns zu der Belastung in den Sinn kommt. Grammatik und Satzstellung sind hier unwichtig. Das machen wir so lange, bis uns zu dem Aspekt nichts mehr einfällt. Viele empfehlen, es ohne Pause rauszuschreiben. Ich persönlich finde das sehr schwierig.

Wenn uns nach einer gewissen Zeit nichts mehr einfällt bzw. wir das Gefühl haben, alles aufs Papier gebracht zu haben, könnte man das Geschriebene verbrennen oder sonst wie vernichten. Somit geben wir es für eine heilsame Transformation frei. Es empfiehlt sich nicht, das Geschriebene später nochmals durchzulesen, denn es könnte die Thematik von Neuem entfachen.

Bücher verfassen: Das ist nicht jedermanns Sache. Trotzdem nehme ich es hier auf, weil ich auch in diesem Bereich – unbeabsichtigt – heilsame Erfahrungen sammeln durfte. In meinen beiden bisher verfassten Trilogien kam jeweils das Phänomen auf, dass ich unbewusst die Herausforderungen meines Lebens, die mich während der Schreibphasen in Schach hielten, verarbeitet habe. Bei allen sechs Büchern fiel mir das erst im Nachhinein auf. Und obwohl mir der Effekt nach einigen Büchern irgendwann bekannt war und ich teilweise sogar danach Ausschau hielt, kam ich immer wieder in solch einen heilsamen Prozess rein, der sich mir jedoch immer erst nach Vollendung der Rohfassung in seiner ganzen Pracht offenbarte. Diese Momente liessen mich ganz demütig werden und motivieren mich, meine dritte Trilogie in Angriff zu nehmen.

Ungeachtet, für welche Schreibart wir uns entscheiden, wichtig ist, dass wir mit der Hand schreiben. Denn über die Bewegungen der Hand und Augen wird der Teil des Gehirns angeregt, der für unsere Kreativität, Sprache und Gedächtnis verantwortlich ist. So erreichen wir einen tiefer greifenden Heilungsprozess, als beim Rumtippen auf einer Tastatur.