Das Wunder des Lebens und wie das mit Lernherausforderungen zusammenhängt
Die Entstehung neuen Lebens gleicht immer wieder von Neuem einem unglaublichen Wunder. Bis heute hat es die Wissenschaft glücklicherweise noch nicht geschafft, diesen Prozess vollumfänglich zu entmystifizieren.
Ein nicht ganz unwesentlicher Anteil an der Entwicklung neuen Lebens spielen Reflexe. Wenn wir Reflexe allgemein definieren, können wir sie als stereotype Reaktionen auf einen Reiz definieren. Das mag primitiv klingen und doch spielen Reflexe in der Entstehung, Entwicklung und späteren Entfaltung unseres Lebens eine entscheidende Rolle.
Die ersten frühkindlichen Reflexe entwickeln sich bereits im Mutterleib und helfen uns in der embryonalen Entwicklung. Ausserdem schützen sie uns, indem reflexartige Reaktionen bei Gefahr (unsanfte Berührungen, laute Geräusche etc.) ausgelöst werden. Später unterstützen frühkindliche Reflexe tatkräftig den Geburtsprozess und sorgen anschliessend für den ersten, lebenswichtigen Atemzug.
Beim Neugeborenen sind zunächst nur Hirnareale und neurologische Programme aktiv, die das unmittelbare Überleben sichern. Dazu gehören die Atmung, der Herzschlag und das Schreien als Hilferuf, wenn für den Säugling Missstände wie beispielsweise Hunger o.ä. vorliegen. Die Bewegungen des Neuankömmlings laufen in diesem Stadium noch unkoordiniert und anlagebedingt reflexartig ab.
Wenn die frühkindlichen Reflexe ihren Job erledigt haben – das ist zwischen dem sechsten und zwölften Lebensmonat der Fall – sollten sie sich zurückbilden und den sogenannten Stell- und Haltungsreflexen Platz machen, die uns dann den Rest unseres Lebens begleiten. Diese Reflexe verhelfen uns zu einer guten Körperkoordination. Das heisst, wir nehmen unseren Körper in dem uns umgebenden Raum gut wahr. Es heisst im Idealfall aber auch, dass wir eine gute und standhafte Stellung im Leben einnehmen. Wir sind nicht nur vom körperlichen Standpunkt aus stabil, sondern auch auf der emotionalen und geistigen Ebene. So bringen wir die besten Voraussetzungen mit, den Herausforderungen des Lebens zu begegnen und diese erfolgreich zu meistern.
Leider kann es bei der Entwicklung und Rückentwicklung der Reflexe zu allerlei Problemen kommen. Diese können bereits im Mutterleib beginnen, wenn die Mutter während der Schwangerschaft beispielsweise unter starkem Stress steht, Alkohol oder sonstige schädliche Stoffe zu sich nimmt. Weiter kann der Geburtsprozess durch traumatische Erfahrungen, Sauerstoffmangel etc. die Reflexe an ihrer zeitgerechten Entfaltung hindern. Und auch die Säuglingszeit birgt ungünstige Voraussetzungen für die Reflexe, wie Untergewicht, eine einschränkende Umgebung u.a.
Wenn sich nun die frühkindlichen Reflexe nicht richtig entwickeln oder sich nach ihrer eigentlichen Funktionserfüllung nicht mehr zurück entwickeln, um den Stell- und Haltungsreflexen Raum zu geben, kann es bei dem betroffenen Kind zu Wahrnehmungsauffälligkeiten, Bewegungsschwierigkeiten, sowie Lern- und Verhaltensproblemen kommen.
Oft genug fällt uns das Defizit in der Reflexentwicklung gar nicht auf, denn unsere Kinder entwickeln meist gut funktionierende Kompensationsstrategien. Das Problem: Derartige Kompensationsstrategien kosten in ihrer Aufrechterhaltung extrem viel Energie und oft genug kann das Kind mit Schuleintritt diese schlichtweg nicht mehr aufbringen. Dann besteht die Gefahr, dass beim Kind eine Teilleistungsstörung, die sich beispielsweise in einer Lese- oder Rechenschwäche zeigt, diagnostiziert wird. Oder es wird als ADS- oder ADHS-Kind abgestempelt. Auch autistische Züge können sich bei mangelnder Integration der Reflexe zeigen. So gerät das Kind schnell in einen Teufelskreis, der von Medikamenteneinnahmen, Frust und stetig sinkendem Selbstwertgefühl geprägt wird.
Es gibt zahlreiche Bewegungsprogramme, welche die Integration der Reflexe unterstützen und den Betroffenen Abhilfe verschaffen. Diese setzen jedoch eine regelmässige Durchführung voraus und verlangen so von uns entsprechende Disziplin. Ausserdem dauert es eine Weile, bis sie Wirkung zeigen.
In der Kinesiologie wurden verschiedene Techniken entwickelt, um Reflexe zu integrieren. Es kann herausgefunden werden, welcher Reflex noch aktiv ist, obwohl er es nicht mehr sein sollte und so die Entwicklung der Stell- und Haltungsreflexe blockiert. Diese Arbeit kommt sehr oft bei Lernherausforderungen zum Tragen. Darüber hinaus unterstützt uns eine Reflexintegration aber natürlich auch in allen möglichen Lebenssituationen, die wir als belastend wahrnehmen.
Wie wir uns die Leichtigkeit im Umgang mit den (Lern)Herausforderungen des Lebens zurück erobern, sei jedem selbst überlassen. Wichtig ist in meinen Augen, im Leben nicht stehen zu bleiben und an den vorherrschenden Problemen zu zerbrechen. Dafür ist unser Leben und das unserer Kinder zu kostbar.